mind.in.a.box interview:

mind.in.a.box - Interview for magazine 'Gothic Magazine 58/2007', Interviewer:'Helen Wouters', about: 'Crossroads', Date: 2007-10-01
 
Link: Gothic Magazine 58/2007
 
Die Blaue oder die rote Pille?


Das Leben steckt voller Entscheidungen, so auch MIND.IN.A.BOXs drittes Album 'Crossroads'. Nachdem das österreichische Duo STEFAN POISS und MARKUS HADWIGER mit ihren ersten beiden Werken 'Lost Alone' und 'Dreamweb' einen Einstand nach Maß in der Electro Szene feiern konnten, wird es nun ernst, schließlich geht es bei den Dependent Schützlingen um weitaus mehr als bloß Musik. MIND.IN.A.BOX ist ein eigener Kosmos geworden, in dem sich 2007 die Ereignisse plötzlich überschlagen.
Für die leute, die sich noch nicht mit MIND.IN.A.BOX beschäftigt oder die Inhalte des letzten Releases nicht mehr ganz vor Augen haben, könntest du die Story rundum M IND.lN.A.BOX bis hierher zusammenfassen?

Stefan: Die Welt von MIND.IN.A.BOX ist eine düstere Parallelwelt unserer echten Welt, die uns viel Platz bietet, um das, was wir sagen wollen, mit Metaphern zu beschreiben. In dieser Welt gibt es wiederum das 'Dreamweb', also eine Welt der Träume, von der die meisten Menschen kaum etwas wissen, in der einige wenige aber besondere Fähigkeiten besitzen. Der Protagonist auf 'Lost Alone' sah sich gezwungen seine ,reale' Existenz aufzugeben und ganz in das 'Dreamweb' zu flüchten. Sein unmittelbarer Verfolger, der auf den ersten beiden Alben noch anonym geblieben war, ist BLACK. BLACK spielte schon auf 'Dreamweb' eine wichtige Rolle, entwickelt sich auf 'Crossroads' aber zum wichtigsten Protagonisten unserer Geschichte. Er beginnt zusehends zu zweifeln, ob er bis jetzt eigentlich auf der richtigen Seite gestanden ist, und wird dadurch immer mehr vom Jäger zum Verfolgten.
 
Hinter jeder Veröffentlichung steckt ein enormes Konzept. Die Inhalte von MIND.lN.A.BOX, sind Fantasie, Schauspiel oder sogar Realität, deine Autobiographie? Wie hängt dein Projekt mit deiner Person zusammen?
Stefan: Die Dinge, die wir im Leben erlebt haben und erleben, spielen sicher eine ganz wesentliche Rolle, und das ist wahrscheinlich auch ein wesentlicher Grund, warum sich sehr viele Leute damit identifizieren können. Verpackt ist das ganze natürlich in eine fiktive Geschichte und Welt, aber was wir mit Metaphern umschreiben, hat durchaus reale Hintergründe. Autobiographisch würde ich es aber trotzdem nicht nennen, vielmehr entwickeln wir unsere eigenen Erfahrungen, was wir ausdrücken und vermitteln wollen und verpacken das dann in ,Bilder', die diese Aspekte in konzentrierter Form darstellen.
 
Das dritte Album heißt 'Crossroads'. Vor weichen Wegen steckt BLACK eigentlich? Welche Wahl muss er treffen?
Stefan: BLACK blickt auf sein bisheriges Leben zurück und erkennt, dass etwas gewaltig schief gegangen sein muss. Er ist noch sehr verwirrt und kann nicht alles richtig einschätzen, aber er steht jetzt nicht nur vor dem Problem, herauszufinden auf welcher Seite er eigentlich stand und steht, sondern zu entscheiden auf welcher Seite er eigentlich stehen will und was das für ihn heißt.
 
Welche wichtigen Entscheidungen musstest du persönlich in deinem bisherigen leben treffen?
Stefan: Ich denke, mit der Situation, in der sich BLACK befindet, können sich wohl die meisten Menschen recht gut identifizieren. Für uns trifft dies natürlich auch zu, und eine wichtige Interpretation von MIND.lN.A.BOX ist sicher das Ausbrechen aus dem ,typischen', stark einschränkenden Berufsleben, das uns und sicher vielen Menschen das Gefühl gibt, bis zu einem gewissen Grad gefangen zu sein und wenig Bewegungsfreiheit zu haben. Die Entscheidung ist in dieser Hinsicht natürlich, ob man daraus ausbrechen will und wie man das zustande bringen kann.
 
Bereust du gewisse Entscheidungen im Nachhinein?
Stefan: Jeder Mensch hat wohl schon Entscheidungen getroffen die im Nachhinein gesehen sich als falsch herausgestellt hatten. Solange das keine zu großen Fehlentscheidungen werden, kann ich sehr gut damit leben. Man kann es ohnehin nicht ändern und muss das Beste daraus machen. Eigentlich bereue ich kaum etwas in meinem Leben.
 
Wird BLACK eventuell Entscheidungen bereuen?
Stefan: Ja, ich denke das wird er. Er sieht das aber ähnlich wie wir. Wir haben ihn erst kürzlich in einem Club getroffen (lacht).
 
Das Ganze erinnert ein wenig an THE MATRIX, wo NEO sich auch entscheiden muss, ob er die rote oder blaue Pille wählt.
Stefan: Das Prinzip ist dasselbe, ja. BLACK hat aber mehr Zeit und muss diese Entscheidung nicht auf einen Moment gesehen herunterberechnen.
 
Seid ihr auch wie viele elektronische Musiker Fans von Science Fiction, THE MATRIX oder STARTREK?
Stefan: Markus und ich sind beide sehr große Science Fiction Fans und lassen kaum einen Film dieses Genres im Kino aus. THE MATRIX wurde mit dem zweiten und dritten Teil zu abgehoben, zu verwirrend, meiner Meinung nach. Den ersten Teil fand ich aber großartig.
 
Meinst du, es besteht ein Zusammenhang zwischen Science Fiction Fans und einer Vorliebe für synthetische Musik?
Stefan: In unserem Falle trifft das zu. Generell kann man das aber nicht verallgemeinern. Meistens haben Science Fiction Filme gar keine elektronische Musik als Untermalung sondern setzen fast immer auf klassische Musik. Warum das so ist, weiß ich nicht. Ich denke, die großen Filmfirmen wollen hier nichts riskieren und gehen auf Nummer sicher. Es wäre schön, wieder einmal einen Film wie BLADE RUNNER zu sehen, wo auch die Musik dazu wie die Faust aufs Auge passt.
 
Das Dreamweb bestimmt deine Kunst, bestimmt das World Wide Web euer reales leben?
Stefan: Ohne Internet geht kaum noch etwas heutzutage. Es ist wirklich unglaublich, welche Entwicklung da in den letzten Jahren stattgefunden hat. Obwohl ich natürlich all die Vorzüge des Internets selber nutze, spielt sich mein Leben zum großen Teil in der realen Welt ab. Ich gehöre zum Glück nicht zu den World of Warcraft Spielern, denn sonst hätte ich für Musik wohl gar keine Zeit mehr (lacht).
 
Lasst ihr euch auch vom Internet inspirieren?
Stefan: Eher weniger. Es sind mehr Bücher und Filme oder unsere eigene ,Fantasy', die uns dazu inspirieren. So einen richtigen coolen Cyberspace gibt es ja leider nach wie vor nicht.