mind.in.a.box interview:

mind.in.a.box - Interview for magazine 'Elektrauma', Interviewer:'Andi', about: 'Dreamweb', Date: 2005-07-06
 
Link: Elektrauma
 
Guten Tag nach Österreich! Wie geht’s euch? Hoffe bestens, nachdem ihr die Feuerteufe mit der Veröffentlichung des zweiten Longplayers mit Bravour bestanden habt?
Oh vielen Dank für die Blumen! Uns geht es hervorragend. Wir sitzen gerade wieder einmal in einem Cafehaus in Wien bei Cafe und Kuchen und sind sogar ziemlich gut gelaunt. Das muss wohl an dem schönen Wetter liegen. Nicht zu heiß, nicht zu kalt. Gerade richtig.
 
Mind.In.A.Box wurde 2004 als Newcomer des Jahres gefeiert. Hattet ihr mit einer sich so überschlagenden Presse und den Begeisterungsstürmen aus der Szene gerechnet?
Nein, überhaupt nicht. Da unsere Musik nicht ohne weiteres einer einzigen Schublade zuzuordnen ist, war der Erfolg in diesem Ausmaß schwer vorhersehbar. Obwohl wir das mit vollem Einsatz und Hingabe tun und auch sehr davon überzeugt sind, tut man sich selbst natürlich sehr schwer, die eigene Musik objektiv zu bewerten. Was mir oder uns gefällt muss ja nicht deinem Freund, DJ oder Bekannten gefallen. Das ganze war schon sehr überraschend, hat uns aber natürlich extrem gefreut und sehr motiviert.
 
„Lost Alone“ war ein Riesenerfolg. Standet ihr dadurch bei euerer jetzigen Veröffentlichung enorm unter Druck? Plötzlich ist die Musik nicht mehr nur Hobby sondern es kommt der Druck von Fans und Label Musik machen zu „müssen“. Stört Euch das oder ist es wunderbar das Hobby zum Beruf zu machen und dabei noch so viel Lob einzuheimsen?
Nun ja, leider sind wir noch nicht soweit unser Hobby zum Beruf machen zu können, aber ich verstehe was du meinst. Ich denke, man darf sich einfach nicht unter Druck gesetzt fühlen. Im Endeffekt machen wir Musik auch zu einem sehr großen Teil für uns selbst, es gibt uns einfach enorm viel. Das wunderbare Feedback von den Fans gibt uns aber sehr, sehr viel Motivation und hat die Arbeiten an Dreamweb sicherlich stark beschleunigt. Wir arbeiten an mind.in.a.box einfach sehr gerne, und es ist für mich sogar eine Art Erholung von meiner beruflichen Tätigkeit. Beim eigentlichen Musik machen fühlen wir uns eigentlich auch nicht unter Druck, aber die Spannung steigt dann klarerweise sobald ein Album fertig ist und man es der Öffentlichkeit präsentiert. Da hofft man natürlich, dass es auch den Fans gefallen wird. Bisher hatten wir dabei sehr viel Glück.
 
Euer neues Album ist erst seit ein paar Wochen auf dem Markt. Wie sind die Reaktionen der Fans bisher?
Die Reaktionen sind ausgesprochen gut. Wir können uns wirklich nicht beschweren. :) Wer Lust hat, kann gerne in unser Gästebuch auf mindinabox.com schauen, wo sich schon sehr viele Fans verewigt haben. Wir freuen uns immer sehr über Feedback. Auch die Tatsache, dass sich Leute aus der ganzen Welt melden finden wir echt toll.
 
Mit der Single „Certainty“ wurde das neue Album „Dreamweb“ eingeleitet. Wie kam es zu der Entscheidung genau diesen Song auszukoppeln und nicht einen anderen?
Wir finden, dass Certainty einfach der clubtauglichste Song auf dem neuen Album ist, aber das ist natürlich eine persönliche Frage, was man darunter versteht. Die Entscheidung welcher Song gewählt werden soll lag eigentlich hauptsächlich bei diesem Punkt. Außerdem finden wir, dass Certainty auch auf sich alleine gestellt sehr gut funktioniert, und nicht als aus dem Albumkontext herausgerissen erscheint wie das bei einigen anderen Songs wohl der Fall gewesen wäre.
 
Auf eurer Maxi sind auch einige Remixes vertreten. Unter welchen Gesichtspunkten habt ihr euch die Bands ausgesucht und wie empfandet ihr die Zusammenarbeit und das Resultat deren Interpretation?
Der Kontakt mit Seize kam dadurch zu Stande, dass Sandrine Gouriou, die Bandleaderin von Seize, sehr gerne einen Remix von „Take My Soul“ von unserem Debütalbum machen wollte. Da schlug ich ihr vor, doch ein wenig zu warten und dann gleich einen Remix für unser neues Material bzw. gleich für die Single zu machen. Sie steuerten schlussendlich einen sehr schönen Dance-Remix bei. Der Kontakt mit Thee Hyphen kam über unser Label zustande. Wir kannten das Projekt vorher nicht und waren dann von dem Remix wirklich sehr positiv überrascht. Man kann den Stil des Thee Hyphen Mixes gar nicht so einfach beschreiben. Wir finden ihn aber beide toll, er hat eine eigenständige Note.
 
Auch in den DAC sind Maxi und Album vertreten, die neue CD sogar auf Platz 2! Herzlichen Glückwunsch! Wie ist das Feedback der DJs bezüglich „Dreamweb“ und wie wichtig ist euch Clubpräsenz? Welche Songs kristallisieren sich bereits als Clubnummer heraus?
Dankeschön! Insgesamt ist das Feedback der DJs sehr gut, etwas besser noch als bei „Lost Alone“. Obwohl wir keine „Clubmusik“ im eigentlichen Sinne machen, ist uns Clubpräsenz schon wichtig, schließlich wollen wir unsere Musik hin und wieder auch richtig laut hören. ;) Wir sind auch nicht der Meinung, dass man in Clubs nur „typische“ Musik hören sollte, das schränkt den Horizont doch ein wenig ein. In der fortlaufenden mind.in.a.box Geschichte wird Clubmusik auch noch einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Nach bisherigem Feedback kommen neben der Single „Certainty“ auch die Songs „Sun and Storm“ und „Lament for Lost Dreams“ sehr gut an.
 
Wie schon beim letzten Album habt ihr für die Käufer der CD wieder ein Geschenk parat. Durch Eingabe eines Codes gelangt man in eine Secret Area und kann sich kostenlos ein paar unveröffentlichte Songs/Mixe von euch runterladen. Soll dadurch den Fans eure Internetpräsenz nähergebracht werden? Auf der CD wäre ja noch Platz gewesen, wieso habt Ihr Euch dazu entschieden, wie beim letzten Album, Downloads anzubieten?
Es soll eine Art Belohnung für alle Albumkäufer darstellen. Es ist einfach unsere Art Danke zu sagen, an all jene die sich das Album kaufen und uns so unterstützen. Zumindest für uns persönlich finden wir auch, dass ein Album, das eine Geschichte erzählt, oder zumindest stark in sich abgestimmt ist, aus einem Stück sein sollte. Dieser Gesamteindruck würde durch Remixe derselben Songs gestört werden.
 
Als ich vor kurzem auf dem WGT war hatte ich mich mit einem Mädel unterhalten, da sie ein Mind.In.A.Box T-Shirt anhatte. Sie hatte es selber entworfen, da es bisher von euch leider kein Merchandise gibt. Sind T-Shirts usw. angedacht in naher Zukunft?
Cool :) Ja, die Vorbereitungen für ein paar mind.in.a.box Merchandising-Artikel sind bereits im Gange. Ich denke in den nächsten paar Monaten sollte man über unsere Webpage zumindest T-Shirts und dergleichen bestellen können. Stay tuned.
 
Die fordernden Stimmen zu Liveauftitten werden seitens der Fans immer lauter. Habt ihr vor künftig die Bühnen unsicher zu machen oder ist Mind.In.A.Box eurer Meinung nach eher eine Studioband?
Ich habe mir vorgenommen, mich in nächster Zeit damit intensiver zu beschäftigen und Ideen dazu festzuhalten und auszuprobieren, was alles möglich wäre, bzw. wie eine Live-Show aussehen könnte. Konkrete Pläne für Auftritte gibt es aber zur Zeit noch nicht.
 
Auf welche Bands inner- und außerhalb der Szene richtet ihr momentan euer Augenmerk? Was für Musikstile gefallen Euch generell? Habt ihr irgendwelche Favoriten?
Wir hören beide neben elektronischer auch sehr gerne gitarrenlastige Musik. Ich bin generell mehr ein Fan der melodiösen und vom Arrangement her aufwendigen Musik. Wenn ein Song aus einem einzigen kurzen Thema besteht, ist mir das fast immer zu langweilig, selbst wenn das Thema gut ist. Queens of the Stone Age oder die Melvins machen zum Beispiel ganz großartige Gitarrenmusik. Die neuen Alben von New Order und das von I Am X haben mir sehr gut gefallen. Andere Bands, deren Alben mir in letzter Zeit sehr gut gefallen haben sind Battery Cage, Informatik und Assemblage 23. Grosse Bands wie Covenant oder VNV Nation haben natürlich auch schon großartige Alben abgeliefert.
 
Hört ihr überhaupt privat gerne und viel Musik oder ist es für Euch eher ein Medium um Eure Kreativität auszuleben und eine Nachricht zu portieren?
Wir hören natürlich schon sehr viel Musik. Ich selbst allerdings sehr oft meine eigene, da ich fast immer irgend einen Song in Bearbeitung habe und einfach die Zeit fehlt viel anderes zu hören. Msh hat hier sicherlich einen Vorteil.
 
Wie hat Mind.In.A.Box eigentlich den Durchbruch geschafft? Die Szene ist doch eigentlich furchtbar starr und stumpf geworden. Trotzdem ist es sehr schön, dass ungewöhnliche und neue Töne doch so schnell Fuß fassen. Gibt es zu wenige die sich trauen was eigenes und neues zu machen oder werden diese einfach nur zu wenig beachtet?
Nun ja, vielleicht hatten wir das Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein. Nichts desto trotz sind wir im Vergleich zu den Szenegrößen wie beispielsweise VNV Nation eine sehr kleine Band. Aber wir werden auch in Zukunft einfach unser Ding weiter machen und hoffen, dass unsere Musik auch weiterhin Leuten da draußen etwas gibt. Bezüglich Eigenständigkeit denke ich, dass viele Bands sich sehr stark an existierenden Dingen in der Szene orientieren, anstatt sich mehr von sich selbst und den eigenen Gefühlen leiten zu lassen. Auf die Dauer funktioniert so etwas nicht und macht auch keinen Spaß.
 
Euer Stil hat sich auf der neuen CD weiterentwickelt. Den klaren elektronischen Klängen aus dem ersten Album wurde ein druckvollerer Beat verpasst und mit dem dezenten Einsatz von Gitarren erscheint das neue Album organischer und voller. Der typische Sound ist sofort wiederzuerkennen aber dennoch irgendwie neu. Hat sich Arbeitsweise und Zielsetzung verändert oder wolltet ihr euch bewusst vom ersten Album absetzen?
Vielen Dank! Es war schon eine bewusste Vorgehensweise. Ich wollte bei Dreamweb etwas weg von den geradlinigen Beats und etwas rauer und auch eine Spur härter werden. Ich glaube, das ist uns auch sehr gut gelungen. Ich suche immer auch einfach die Abwechslung beim Musik machen und will mich selbst nicht wiederholen. Die Arbeitsweise ändert sich insofern ständig, weil ich sehr gerne experimentiere und versuche neue Ideen umzusetzen. Denn elektronische Musik heißt für mich auch experimentieren und neue Wege suchen, um neue Sounds und Melodien zu finden.
 
In „Dreamweb” geht es viel um eure Träume und Phantasien. Als Technologie begeisterte junge Menschen, was sind Eure Ängste und Hoffnungen? Habt ihr das Gefühl in einer Kiste gefangen zu sein?
Wir thematisieren mit mind.in.a.box sicher auch die Tatsache, dass wir selbst bis zu einem gewissen Grad „minds in a box“ sind. Eine wesentliche Aussage ist, dass es ein ganz wichtiger Schritt ist, sich dieser Tatsache erst mal wirklich bewusst zu werden und aus diesem „Gefangensein“ tatsächlich ausbrechen zu wollen, anstatt sich einfach mit den Gegebenheiten abzufinden. Aber natürlich ist das nicht ganz so einfach. Insgesamt macht uns Sorgen, dass in unserer von Technologie dominierten Welt die Menschlichkeit zunehmend deutlich zu kurz kommt und eine, in gewisser Weise auch „neue“, Art der Vereinsamung auftaucht. Aber auch die Dominanz der Medien und deren Beeinflussung von Meinungen und Denkweisen macht uns Angst, obwohl gerade diese Tatsache natürlich schon von sehr vielen Bands thematisiert wurde und wird.
 
Entgegen des Trends ist Mind.In.A.Box nicht dem Remixwahn verfallen. Ihr habt euch einzig mit dem Debüt platziert und nicht erst alternden, bekannten Bands neues Leben eingehaucht. Arbeitet ihr lieber an euren eigenen Sachen als die von anderen zu „Synthetisieren“? Bekommt ihr nicht viel Anfragen für gemeinsame Projekte da sich euer Stil ja doch von dem „Einheitsbrei“ absetzt?
Ja, wir haben schon einige Anfragen bekommen. Da meine Zeit aber leider sehr begrenzt ist, muss ich mich selber fragen ob ich lieber einen eigenen Song machen würde, oder mich an einen Remix dransetzen soll. Meistens habe ich mich für meine eigenen Songs entschieden, da mir das schlussendlich doch wichtiger ist. Wenn ich mal mehr Zeit habe, werdet ihr vielleicht mehr mind.in.a.box Remixe zu hören bekommen.
 
Euer eindrucksvolles, futuristisches Artwork reflektiert Euren Blick in die Zukunft. Eine gemeinsame Gestaltung oder gebt ihr die Richtlinien für die Umsetzung vor?
Vielen Dank. Es hat eigentlich immer eine Art „Briefing“ mit den Grafikern gegeben, bevor sich der/diejenige schlussendlich an die Arbeit gemacht hat. Das ist in unserem Falle auch unbedingt notwendig, da wir wollen, dass sich das Artwork mit dem Konzept des Albums und der mind.in.a.box Hintergrundstory deckt. Bisher waren wir immer sehr zufrieden mit den Ergebnissen der Grafiker.
 
Durch das „Dreamweb“ zieht sich ein roter Faden. Das offene Ende des Albums macht neugierig auf mehr. Was schließt sich thematisch an die aktuelle Vision an?
Ein wesentlicher Teil des Übergangs von „Lost Alone“ auf „Dreamweb“ ist, dass wir jetzt mehr Einblicke in die Gedankenwelt des Verfolgers erhalten und dieser zunehmend gezwungen ist, seine distanzierte Haltung zu den Geschehnissen aufzugeben. Er verstrickt sich zusehends in die Ereignisse und weiß ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr ganz, was eigentlich vor sich geht. Beide Alben haben auch mit der Suche nach der eigenen Identität zu tun, ein Thema, das wir auf dem nächsten Album stark ausbauen werden.
 
Werdet ihr das Tempo der Veröffentlichungen beibehalten oder braucht ihr diesesmal eine längere kreative Pause?
Eine kreative Pause würde ich so nicht behaupten. Wie gesagt, will ich nun einige Zeit für Ideen von Live-Auftritten opfern, wo ich noch nicht weiß, wie viel Zeit mich dieses Experimentieren kosten wird. Im Moment ist es nicht wirklich abzusehen. Ich glaube, man wird diesmal aber wohl etwas länger auf das nächste mind.in.a.box Album warten müssen, wenn auch nicht allzu lange.
 
Vielen Dank fürs Zeit nehmen und das Interview! Viel Erfolg mit dem genialen neuen Album „Dreamweb“! Die letzten Worte gehören euch...:
Gern geschehen! Auch an dich geht mein Dank, für dein großartiges Engagement deiner Musik-Webpage. Und auch ein großes Dankeschön an unsere doch schon sehr zahlreichen Fans. See you in the Dreamweb!